Microsoft und Google gehen sich wieder gegenseitig an die Gurgel. Diesmal dreht sich der Kampf um Cloud-Dienste, und es wird persönlich. Microsoft warf Google kürzlich vor, „Schattenkampagnen“ durchzuführen, um sein Cloud-Geschäft zu diskreditieren. Der Softwareriese gab bekannt, dass Google hinter der Neugründung steckt Offene Cloud-Koalition nur wenige Stunden vor der offiziellen Ankündigung.
Laut MicrosoftGoogle hat Schritte unternommen, um seinen Ruf bei den Aufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit zu schädigen. Rima Alaily, stellvertretende General Counsel von Microsoft, beschrieb die Maßnahmen von Google als eine koordinierte Anstrengung, „Microsoft bei Wettbewerbsbehörden und politischen Entscheidungsträgern zu diskreditieren“. Google ging angeblich sogar so weit, kleinere europäische Cloud-Anbieter zu rekrutieren, um das öffentliche Gesicht der neuen Organisation zu sein, während es gleichzeitig seine eigene Beteiligung verschleierte.
Die Open Cloud Coalition wurde gegründet, nachdem Google erfolglos versucht hatte, eine Einigung zwischen Microsoft und den Cloud Infrastructure Services Providers in Europe (CISPE) zu verhindern. Anfang dieses Jahres CISPE hat seine EU-Beschwerde über die Lizenzierungspraktiken von Microsoft für Azure fallen gelassen, nachdem Microsoft zugestimmt hatte, europäischen Cloud-Anbietern zu erlauben, Microsoft-Apps auf ihrer lokalen Cloud-Infrastruktur anzubieten. Microsoft behauptet, Google habe CISPE-Mitgliedern Bargeld und Kredite angeboten, um sich dem Vergleich zu widersetzen – eine Behauptung, die Google nicht öffentlich zur Sprache gebracht hat.
Kartellrechtliche Spannungen
Der Kern des Arguments von Google gegen Microsoft liegt in seiner Ansicht nach wettbewerbswidrigen Praktiken, die darauf abzielen, Benutzer an Azure zu binden. Google behauptet, Microsoft mache es für Unternehmen schwierig und teuer, ihre bestehenden Windows Server-Lizenzen zu anderen Cloud-Anbietern zu migrieren. Dies ist ein kritisches Problem für Unternehmen, die von der lokalen Infrastruktur auf die Cloud umsteigen. Microsoft hingegen behauptet, dass es völlig fair sei, wenn Unternehmen ihre Windows-Server-Lizenzen auf Azure nutzen würden. Sie sehen keinen Grund, Rabatte oder Anreize für Unternehmen anzubieten, die diese Lizenzen anderswo migrieren möchten.
Dieser Konflikt ereignete sich zu einer Zeit, in der Google auf dem Cloud-Markt immer noch hinter Amazon und Microsoft zurückliegt. Trotz eines Führungswechsels vor über fünf Jahren liegt Google weiterhin mit Abstand auf dem dritten Platz. Angesichts von über 20 kartellrechtlichen Untersuchungen im Zusammenhang mit seinen Such-, Werbe- und App-Store-Praktiken scheint Google bestrebt zu sein, die Cloud-Vorschriften zu seinen Gunsten zu gestalten.

Eine Rivalität entbrannte neu
Die Rivalität zwischen Microsoft und Google schwelt seit dem Ende ihres sechsjährigen Waffenstillstands im Jahr 2021. In diesem Jahr eskalierten die Spannungen, als Microsoft-Präsident Brad Smith die mangelnde Zusammenarbeit von Google während des Cybersicherheitsvorfalls bei SolarWinds kritisierte. Er intervenierte auch in einem Streit zwischen Google und der australischen Regierung über die Lizenzierung von Inhalten. Das Hin und Her erreichte sogar eine Anhörung vor dem Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses, in der Smith Google beschuldigte, digitale Werbung zu monopolisieren. Google reagierte mit dem Vorwurf, Microsoft versuche, „einen Konkurrenten zu unterbieten“ und dem offenen Web zu schaden.
Diese jüngsten Anschuldigungen deuten darauf hin, dass ein neues Kapitel dieser Rivalität beginnt, das sowohl von regulatorischer Kontrolle als auch von Marktambitionen angetrieben wird. Die Fehde erinnert in ihrer jetzigen Form an alte Konflikte, die für große Störungen bei Kunden und Partnern gleichermaßen sorgten. Ob es darum ging, dass Google Windows-Phone-Nutzer von Gmail abgeschnitten hat oder Microsoft 2019 seinen Edge-Browser auf Chromium umgestellt hat, beide Unternehmen haben ihre Ökosysteme oft als Druckmittel gegeneinander genutzt.

Wolkenkriege und KI-Ambitionen
Für Microsoft steht das Cloud-Geschäft auf dem Spiel, ein wichtiger Wachstumstreiber, dessen Cloud- und Server-Umsätze im letzten Quartal 24,1 Milliarden US-Dollar erreichten. Microsoft hat stark in die Cloud-Infrastruktur investiert, um seine KI-Bemühungen voranzutreiben, einschließlich der 13-Milliarden-Dollar-Investition in OpenAI. CEO Satya Nadella scheut sich nicht vor seinen Ambitionen und erklärt, dass er KI nutzen will, um das Kerngeschäft von Google zu zerstören: die Suche.
Google hingegen möchte seinen Cloud-Marktanteil ausbauen, während es die laufenden behördlichen Untersuchungen bewältigt. Die Rivalität hat sich sogar auf den KI-Bereich ausgeweitet, da beide Unternehmen Ressourcen in die Integration von KI in ihre Dienste investieren.
Es ist unwahrscheinlich, dass diese Fehde in einem Kompromiss oder einer Zusammenarbeit endet, wie dies bei der Einführung von Chromium durch Microsoft der Fall war. Die Einsätze sind jetzt viel höher. Da sich beide Unternehmen zunehmend auf KI-gesteuerte Cloud-Dienste konzentrieren, ist der Wettbewerb härter geworden, da sich beide Unternehmen gegenseitig wettbewerbswidrige Praktiken und schmutzige Taktiken vorwerfen.
In den kommenden Monaten ist mit weiteren öffentlichen Angriffen, Lobbybemühungen und möglicherweise sogar noch mehr juristischen Auseinandersetzungen zu rechnen. Sowohl Microsoft als auch Google haben gezeigt, dass sie bereit sind, zu kämpfen – und wenn nötig auch schmutzig zu kämpfen –, um ihre Positionen im Cloud-Markt zu behaupten und auszubauen. Während Google versucht, die Sicherheitsansprüche von Microsoft zu untergraben, und Microsoft versucht, Google mit KI-Fortschritten auszumanövrieren, ist eines klar: Dieser Kampf ist noch lange nicht vorbei.
Hervorgehobener Bildnachweis: Kerem Gülen/Ideogramm